Nachdem wir die letzten beiden Tage über die Ruta 40 unzählige Kilometer in Richtung Süden gefahren sind, waren wir erleichtert, als wir die Abzweigung kurz vorm Viedma See erreichten und zunächst in den Nordteil des Nationalparks abbiegen konnten. Unser erstes Ziel kam dadurch in Reichweite.
Der Nationalpark Los Glaciares liegt an der Grenze zwischen Argentinien und Chile und wird hauptsächlich von den drei großen Gletschern Perito-Moreno, Upsala und Viedma gebildet. Seit 1981 trägt der 4459 km² große Nationalpark den Titel Unesco Welterbe.
Die Granitberge um El Chaltén
Sehenswürdigkeiten
EL CHALTÉN
El Chaltén ist ein Dorf im Nationalpark, das erst im Jahr 1985 gegründet wurde, um den argentinischen Anspruch der bis heute ausgesetzten Verhandlungen über die Zugehörigkeit der Region zu untermauern.
Heute lebt das Dorf von den unzähligen Touristen, die vor allem in den Sommermonaten zum Trekking in den Ort kommen, da er als Ausgangsbasis für die angrenzenden Granitmassive des Fitz Roy und des Cerro Torre dient.

Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass gut 90% der Einnahmen im Tourismussektor und nur 10% der Einnahmen u.a. über die Landwirtschaft generiert werden.
WANDERUNG ZUR LAGUNA DE LOS TRES UND ZUM FITZ ROY
Da das Wetter insbesondere hier in Patagonien schnell umschlagen kann und es gut möglich ist, vier Jahreszeiten an einem Tag zu erleben, nutzten wir direkt die gute Prognose, um zur Laguna de los Tres zu wandern und dann von dort hoffentlich den Fitz Roy zu sehen.
Das Schöne am Ort El Chaltén ist es, dass alle Wanderungen direkt am Ortsausgang beginnen und man somit alles zu Fuß erreichen kann.


Dennoch entschieden wir uns, die Route anders anzugehen und an der Hosteria El Pilar, die über gut 15 km Schotterpiste erreicht werden kann, zu beginnen, da wir während unserer Wanderung den Ausblick auf die Laguna Piedras Blancas und den darüberliegenden Gletscher genießen wollten.


Hier hatten wir dann auch direkt Glück und konnten den berüchtigten Fitz Roy, der in der Sprache der Tehuelche Chaltén heißt, zumindest vom Parkplatz aus nahezu ohne Wolken sehen. Chaltén bedeutet übersetzt der Rauchende und er trägt diesen Namen, da seine Spitze häufig von Wolken umgeben ist.

Der Weg führt dann zunächst über ein Flussbett und dann angenehm, aber mit stetig leichter Steigung durch einen Wald, bevor man am Ende eine windige Ebene erreicht, wo sich die beiden Wege miteinander verbinden.

Nachdem man nun den einfachen Zeltplatz im Wald passiert und im Anschluss noch einmal den Fluss überquert hat, beginnt der anstrengende Part der Wanderung. Die letzten 1,5 km der knapp 20 km langen Wanderung gehen steil bergauf. Über unzählige Stufen und Serpentinen überwindet man hier noch einmal gut 420 Höhenmeter und nach der Überquerung eines Geröllfeldes hat man den Aufstieg geschafft und kann sich am atemberaubenden Blick auf die Laguna de los Tees und dem dahinterliegenden Fitz Roy erfreuen.

Nach einer kurzen Verschnaufspause lohnt sich dann noch der Abstecher zur Laguna Sucia, die ebenso malerisch ins Massiv eingebettet ist.

Danach heißt es dann wieder zurück ins Dorf.

WANDERUNG ZUM WASSERFALL CHORILLO DEL SALTO
Auf dem Rückweg über die Schotterpiste kann man noch einen kurzen Stopp bei den Wasserfällen Chorillo del Salto einlegen, da sie sich unmittelbar neben der Straße befinden.

Alternativ kann man sie vom Dorf aus über einen flachen Wanderweg in etwas mehr als 30 Minuten erreichen.
ES LÄUFT NICHT IMMER ALLES GLATT
Statt am Abend gemütlich essen zu gehen, hatten wir erst einmal noch einen ordentlichen Schreckmoment, da der Autoschlüssel nicht mehr auffindbar war. In keiner Jackentasche, keinem Rucksack und auch beim Blick ins Auto wurden wir nicht fündig. Irgendwann waren wir uns dann sicher, dass er wohl im verschlossenen Auto sein musste und suchten mit Hilfe eines hilfsbereiten Angestellten nach einer Lösung. Gefühlt waren wir ja mitten im Nirgendwo und die nächste größere Stadt mit einer Werkstatt ist gut 2,5h entfernt. Da auch ein Anruf bei der Mietwagenfirma keine Lösung brachte, liess der Angestellte dankenswerter Weise seine Beziehungen spielen und wir konnten den Autoschlüssel nach Zahlung einer kleinen Gebühr wieder in Empfang nehmen. Zum Glück ist dieses Missgeschick noch einmal glimpflich ausgegangen.
WEITERE SEHENSWERTE ZIELE IN DER UMGEBUNG
- Wanderung zur Laguna Torre und zum Cerro Torre – leider hat uns der Wettergott hier einen Strich durch unser zweites Highlight gemacht und zwei Tage Bindfäden statt Sonnenschein vom Himmel geschickt
- Mirador de los Condores und Mirador de las Aguilas – eine weitere Wanderung, die wir gerne zum Sonnenaufgang gemacht hätten, aber auch diese ist leider dem patagonischen Wetter zum Opfer gefallen
Für den Nationalpark bei El Chaltén muss keine Eintrittsgebühr gezahlt werden und die Wanderwege sind gut ausgeschildert.
El Calafate und Perito Moreno Gletscher
Auf unserer Weiterfahrt nach El Calafate, die uns erneut auf die Ruta 40 führte, stoppten wir an einem der Aussichtspunkte, weil wir schon von weitem einen unbeschreiblich türkisfarbenes See sehen konnten – der Lago Argentino.

Sehenswürdigkeiten
LAGO ARGENTINO
Der Lago Argentino hat die dreifache Größe des Bodensees und ist der größte See Argentiniens. Außerdem wird der See unter anderem durch die beiden Gletscher Perito-Moreno und Upsala gespeist.

EL CALAFATE
El Calafate ist das eigentliche Tor zum Nationalpark Los Glaciares und im Gegensatz zu El Chaltén nicht nur touristisch stärker erschlossen. Man findet hier einen internationalen Flughafen, verschiedene Mietwagenfirmen und unzählige Restaurants und Unterkünfte.
Der Name El Calafate kommt von den hier heimischen Calafate-Sträuchern mit gelben Blüten, aus deren dunkelblauen Beeren Marmelade und Likör hergestellt werden.
El Calafate ist außerdem auch Versorgungsstadt für die Region, da hier wichtige Einrichtungen wie Polizei, Ärzte und Werkstätten zu finden sind.
PERITO-MORENO-GLETSCHER
Das absolute Highlight der Region ist der Perito-Moreno-Gletscher, den man nach gut 80km von El Calafate aus erreicht.

Der Gletscher endet im bereits erwähnten Lago Argentino und von Zeit zu Zeit schiebt sich die Gletscherzunge, des noch immer wachsenden Gletschers bis zum gegenüberliegenden Ufer, von wo aus man einen einmaligen Blick auf die 55-70m hohe Kalbungsfront des Gletschers hat.

Hier befinden sich auch verschiedene Rundwege auf unterschiedlicher Höhe, die je nach Standort einen anderen Blickwinkel auf den Gletscher zulassen.
Am Wichtigsten ist es jedoch, einfach irgendwo stehen zu bleiben, den Gletscher zu beobachten, seine Geräusche, ein Knacken und Knirschen, wahrzunehmen und darauf zu warten, dass an irgendeiner Stelle wieder ein Stück abbricht und mit lautem Getöse ins türkisblaue Wasser stürzt. Ein Ereignis, dem wir stundenlang zusehen konnten.

Wer dem Gletscher noch näher kommen möchte, kann mit Booten in Richtung der Kalbungsfront aufbrechen oder eine Gletschertour buchen.



Wir begnügten uns mit den Spazierwegen und fuhren danach wieder zurück nach El Calafate.
CUEVAS DE GUALICHO (PUNTA WALICHU)
Auch Heilig Abend verbrachten wir im Ort El Calafate und da wir den üblichen Weihnachtsstress in diesem Jahr vollständig links liegen lassen konnten und unsere Weihnachtspost auch schon längst erledigt war, entschieden wir uns, an diesem Tag Höhlen der Tehuelche in Sandsteinfelsen am Ufer des Lago Argentino zu besuchen.

Die Höhlen können über eine Rundweg besucht werden und am Eingang erhält man einen gut funktionierenden Audioguide und einen Lageplan der einzelnen Stationen. Dabei kann man den Rundweg grob in zwei Abschnitte unterteilen. Während man zu Beginn und am Ende auf Nachahmungen der Handabdrücke, Tiersymbole und Zeichen trifft, findet man im Mittelteil teils verblichene, teils gut erhaltene Originalstrukturen.






Neben den Höhlenmalereien findet man am Ende des Rundgangs noch den Nachbau einer Feuerstelle und einer Hütte der Tehuelche, die hier mit Sicherheit ein anstrengendes Leben führten.

WEITERE SEHENSWERTE ZIELE IN DER UMGEBUNG
Die Gegend um El Calafate bietet noch einige weitere sehenswerte Ziele, die man entweder vor Ort oder auf der Durchreise besuchen kann:
- Torres del Paine National Park – Nationalpark und Trekking-Eldorado im nahegelegenen Chile; Mehrtageswanderungen müssen unbedingt reserviert werden
- Upsala-Gletscher – über den Lago Argentino kann man mit dem Boot in Richtung des Gletschers aufbrechen, allerdings muss man ihn aus Sicherheitsgründen aus der Ferne bestaunen

Die unzähligen Kilometer von Bariloche bis nach El Calafate haben sich definitiv gelohnt, da nicht nur der Besuch der beiden Orte und die faszinierende Umgebung ein ganz besonderes Erlebnis unserer Reise sind, sondern auch die Fahrt über die Ruta 40.
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